Bündnisgrüne in Bautzen widersprechen Landrat

Presseerklärung

26.08.2021 –

Mit Verwunderung haben wir, der Kreisvorstand Bautzen sowie die Kreistagsfraktion im Landkreis Bautzen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Äußerungen des Bautzener Landrates in seinem offenen Brief an die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten zur Corona-Politik zur Kenntnis genommen.

Die Pandemie und ihre Bekämpfung haben im letzten Jahr sämtlichen Teilen der Bevölkerung viel Kraft abverlangt. Selbstverständlich teilen wir den Wunsch der Rückkehr zur Normalität. Voraussetzung dafür ist aber unbestritten ein ausreichend hoher Anteil an Geimpften in der Bevölkerung, damit weitere Infektionswellen und folgende Lockdowns verhindert werden können. Mit etwa 50% ist Sachsen bundesweit Schlusslicht bei der Impfquote, das Impftempo verlangsamt sich täglich. Bei dieser, im Landkreis zudem sehr unklaren Datenlage ist nicht annähernd von einer Herdenimmunität auszugehen. Aufgrund der mittlerweile ausreichend zur Verfügung stehenden Impfangebote und einer damit kostenfreien und zudem sichereren Alternative ist es für uns deshalb vertretbar, die staatliche Finanzierung der Schnelltests einzustellen.

Besonders zu kritisieren ist aus unserer Sicht die unreflektierte Wiedergabe verschwörungsideologischer Positionen in diesem Brief. Die Erzählung eines „interessengelenkten Obrigkeitsstaates“ ist eine, die tief im verschwörungsideologischen Milieu verankert ist und von radikalen Bewegungen wie Querdenken aufgegriffen und propagiert wird. Derart demokratiefeindliche Thesen gehören mit klarer Abgrenzung bekämpft und nicht durch Nennung oder gar Verständnis normalisiert.

Wir Bündnisgrüne stehen für den Zusammenhalt der Gesellschaft ein und unterstützen daher keineswegs solche Aussagen, die zu einer weiteren Spaltung führen. Auch wenn die Pandemiesituation allen viel Kraft abverlangt, sollten Haltung und Achtung voreinander erhalten bleiben.

Außerdem äußert sich der Landrat Michael Harig in seinem Brief zu aktuellen Diskussionspunkten rund um die Klimapolitik des Bundes und des Landes. Zuerst möchten wir seiner Verallgemeinerung mit einem Widerspruch begegnen: Klimaschutz eröffnet keinen generellen Konflikt zwischen Städten und ländlichen Räumen, unter dem letztere zu leiden haben. Unsere Erfahrungen im Austausch mit anderen Gemeinden und unseren bündnisgrünen Freund*innen überall in der Republik zeigen, dass Strukturwandel vielerorts auch als Chance begriffen wird, vor allem Mobilität neu zu denken. Sicherlich steht der Landkreis Bautzen in den nächsten Jahren vor besonderen Problematiken, Ablehnung und Stillstand wird dafür aber keine Lösung sein. Statt den motorisierten Individualverkehr als alternativlos darzustellen, wären wir gut beraten, uns noch intensiver mit der Stärkung des ÖPNVs, zum Beispiel durch eine Wiederbelebung der Bahnstrecke Bautzen-Wilthen, oder einem wirklich nennenswerten Ausbau der Ladeinfrastruktur auseinanderzusetzen. Das dazugehörige Elektromobilitätskonzept liegt seit 2018 in den Schubladen des Landratsamtes.