Pulsnitzer Stadtratsniederschriften dürfen ins Internet

Pressemitteilung Stadtrat Gerd Kichhübel

19.05.2021 –

Durch Herrn Dr. Naumann ließ mir der Sächsische Datenschutzbeauftragte (SächsDSB) Herr Schurig mit Mail vom 14.05.2021 u.a. mitteilen:
„ Seit dem Zweiten Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts vom 13. Dezember 2017 ermöglicht § 40 Abs. 2 SächsGemO die allgemeine Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen auch in elektronischer Form.“


In der Stadtratssitzung am 15.04.2021 hatte die Bürgermeisterin, Frau Lüke, erklärt, dass Niederschriften nicht lange öffentlich im Internet stehen dürfen, insbesondere bei zugelassener Öffentlichkeit. Eine Mitarbeiterin der Verwaltung ergänzte, dass es Rechtsprechungen und Hinweise des sächsischen Datenschutzbeauftragten geben würde, welche zu beachten sind.
Seit der Erneuerung der Internetseite gibt es tatsächlich keine Veröffentlichung der Niederschriften mehr in Pulsnitz. Uns Räten wurde als Begründung der Hinweis auf das Taschenbuch für Räte, 2. Auflage 2019, Herausgeber Sächsischer Städte- und Gemeindetag e.V. gegeben. Dort findet man auf Seite 173 u.a.:

„...Eine weltweite Veröffentlichung von Sitzungsniederschriften, wie sie mit dem Internet verbunden ist, findet in der SächsGemO keine gesetzliche Ermächtigung. Niederschriften können eine Vielzahl personenbezogener Daten enthalten, von der Teilnahme und damit dem Aufenthaltsort der Gemeinderatsmitglieder bis zur Angabe von personenbezogenen Daten bei den vom Gemeinderat gefassten Beschlüssen. Der SächsDSB hat wiederholt deutlich gemacht, dass er die Veröffentlichung von Niederschriften im Internet für unzulässig hält...“ Man bezieht sich hier auf den 12. Tätigkeitsbericht (2005) und den 14. Tätigkeitsbericht (2009) vom SächsDSB.
Ich habe im Gesetzentwurf der Staatsregierung vom 08.08.2017 und im Ablauf bis zum Gesetzesbeschluss dazu nichts gefunden, deshalb hatte ich mich mit Mail vom 08.05.2021 an Herrn Schurig (SächsDSB) gewandt, mit der Bitte um Überprüfung zu § 40 Abs. 2 Satz 5 SächsGemO auf Bedenken zum Datenschutz.
Im 14. Tätigkeitsbericht geht es u.a. darum, dass den Gemeinden die erforderliche Rechtssicherheit in der Auslegung der Gemeindeordnung und dem Schutz personenbezogener Daten zu verschaffen ist; oder der Gesetzgeber schafft Klarheit. „Diese Klarheit hat der Gesetzgeber mittlerweile geschaffen.“ Dieser Satz steht auch in der Antwortmail von Herrn Dr. Naumann.
Es fehlte vor der Änderung des Kommunalrechts nur die gesetzliche Grundlage. Aber auch wo es noch keine gesetzliche Grundlage gab, haben Kommunen schon die Niederschriften ins Netz gestellt, u.a. Pulsnitz und auch der Landkreis.
Nun bin ich gespannt, ob die Niederschriften in vollem Umfang wieder ins Netz gestellt werden.
Es wird mit einem riesigen Zeitaufwand von der Bürgermeisterin und mindestens einer Verwaltungsangestellten versucht, diverse Gesetzeslücken zu suchen, um damit Informationen an die Einwohner und die Rät*innen verhindern zu können.

Ich denke, dass das eine der Ursachen ist, warum die Bürgermeisterin und die Verwaltung nicht genügend Zeit finden, um alle anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können.
Wenn man Unterlagen des SSG verwendet, sollte man schon den Inhalt überprüfen, bevor man dies als Begründung nimmt; hauptsächlich dann, wenn diese mit dem Gesetz gar nicht übereinstimmen. Aufmerksam sollte man auf alle Fälle werden, wenn Begründungen verwendet werden, die vor der Änderung von Gesetzen benutzt wurden.
Ich gehe davon aus, dass andere Kommunen und deren Rät*innen den Inhalt des Taschenbuches auch für „bare Münze“ nehmen. Aus meiner Sicht ist dies hauptsächlich zu Gunsten der Bürgermeister*innen geschrieben. Der SSG ist ja deren Lobbyisten-Verein und nicht der der Rät*innen und der Öffentlichkeit.

 

Gerd Kirchhübel, Stadtrat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN