GRÜNE: Die Personaldecke an den Schulen ist nicht nur dünn, sie hat bereits Löcher

Unterrichtsversorgung im Landkreis Bautzen

28.04.2016 –

Zais: An jeder siebten Schule im Landkreis Bautzen ist der lehrplanmäßige Unterricht nicht vollständig abgesichert
 
Dresden. "Die Folgen des Lehrermangels werden an den Schulen Sachsens immer deutlicher spürbar. Es gelingt bereits auf dem Papier an jeder sechsten Schule nicht mehr, zumindest den Grundbereich und damit die Stundentafel vollständig abzusichern. Die Personaldecke ist nicht nur dünn, sie hat bereits Löcher", kritisiert Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, nach Sichtung der Antworten von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) auf ihre Kleinen Anfragen zur aktuellen Personalsituation an sächsischen Schulen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten.
 
Landesweit ist der Grundbereich an etwa 15 Prozent der Schulen nicht vollständig abgedeckt, im Landkreis Bautzen sind es 14,5 Prozent (18 der 124 Schulen). Bei den Schularten sind es die Förderschulen, in denen die planmäßige Absicherung des Unterrichts am seltensten gelingt. So sind auch im Landkreis Bautzen sechs der 10 Förderschulen (60 Prozent) von einer unzureichenden Personalzuweisung betroffen. Aber auch an Gymnasien (5 von 10 Schulen = 50 Prozent ohne vollständige Abdeckung des Grundbereichs), Berufsschulzentren (2 von 5 Schulen = 40 Prozent), Oberschulen (2 von 28 Schulen = 7,1 Prozent) und Grundschulen (3 von 71 Schulen = 4,2 Prozent) gibt es Engpässe. Betroffen sind dabei auch zwei der sechs sorbischen Grundschulen sowie das Sorbische Gymnasium in Bautzen.
 
Ein Stundenpool in Verantwortung des Schulleiters, wie er noch vor einigen Schuljahren üblich war, um auf kurzfristige Ausfälle reagieren zu können, steht in keiner der fünf Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagentur (SBA) mehr zur Verfügung, auch in Bautzen nicht. Und selbst der Ergänzungsbereich kann vielerorts kaum mehr für Entlastung sorgen – vom Vorhalten zusätzlicher Bildungsangebote, für die diese Stunden eigentlich gedacht sind, ganz zu schweigen. So musste im laufenden Schuljahr an 26 Schulen im Landkreis Bautzen (21 Prozent) vollständig ohne Ergänzungsbereich geplant werden, so etwa an 8 der 10 Förderschulen im Kreisgebiet.
 
Kultusministerin Kurth zeigt sich dennoch überzeugt, >>dass das verfügbare Arbeitsvermögen in den Schularten Grund- und Oberschule, Gymnasium sowie berufsbildende Schule ausreicht, den Grundbereich abzusichern<< – die Lücken an den Förderschulen sind offenkundig bekannt, finden aber keine gesonderte Erwähnung. Dabei bezieht sich die angenommene vollständige Unterrichtsabsicherung auf die Betrachtung der Gesamtsituation der Regionalstelle Bautzen. Rechnerisch, also auf dem Papier, sei demnach alles im Lot. >>Ableitungen zur tagaktuellen Situation an den Schulen sind aus den Daten nicht möglich<<, heißt es in der Antwort der Ministerin.
 
"Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Lücken in der Unterrichtsversorgung noch immer schöngerechnet werden", erklärt die Abgeordnete Zais. "Eine nur theoretische Absicherung des Unterrichts hilft den Schulen nicht weiter. Die notwendige Konsequenz ist klar: Wir brauchen mehr Lehrkräfte. In den anstehenden Haushaltsberatungen müssen mehr Stellen geschaffen werden. Aufgrund zu weniger ausgebildeter Lehrkräfte braucht es außerdem mehr Anstrengungen im Bereich der Fort- und Weiterbildung. Die vielen Seiteneinsteiger an sächsischen Schulen, deren Zahl weiter steigen wird, verdienen eine faire Chance und eine gute Perspektive."
 
"Der Freistaat fährt mit seinem Personal auf Verschleiß, und zwar zu Lasten der Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen. Auch Finanzminister Prof. Georg Unland (CDU) sollte klar sein, dass sich die Lücken in der Unterrichtsversorgung nicht allein mit 'Personalmaßnahmen' wie Versetzungen und Abordnungen stopfen lassen. Ich hoffe sehr, dass es mit dem neuen Haushalt ein Einsehen gibt und Kultusministerin Kurth im Kabinett erfolgreich mehr Lehrerstellen durchsetzt."
 
>> Antworten von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais (GRÜNE): "Aktuelle Personalsituation an den allgemein- und berufsbildenden Schulen der SBA-Regionalstelle Bautzen" (Drs 6/4489):
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=4489&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=1

 
Besonders stark von einer unzureichenden Personalzuweisung betroffen sind demnach folgende Schulen im Landkreis Bautzen:
• Sorbische Grundschule, Bautzen (Grundbereich (GB): 95 Prozent Abdeckung, Ergänzungsbereich (EB): 0 Prozent Abdeckung)
• Sorbische Grundschule „Sula Cisinskeho“ Panschwitz-Kuckau, Panschwitz-Kuckau (GB: 98, EB: 0)
• Grundschule Medingen „Sonnenblumenschule“, Ottendorf-Okrilla (GB: 93, EB: 0)
• Schule für geistig Behinderte Bautzen, Bautzen (GB: 96, EB: 0)
• Johann-Gottfried-Bönisch-Schule, Schule für geistig Behinderte, Kamenz (GB: 94, EB: 0)
• Oberschule Elstra, Elstra (GB: 97, EB: 0)
• Goethe-Gymnasium Bischofswerda, Bischofswerda (GB: 98, EB: 35)
• Berufliches Schulzentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Bautzen, Bautzen (GB: 98, EB: 6)
 
Hintergrund:
Der Grundbereich umfasst die Stunden, die sich aus den geltenden Stundentafeln, der Klassen- und Gruppenbildung sowie den Stunden für Integration ergeben. Soweit es die Ressourcen zulassen, wird darüber hinaus der Ergänzungsbereich zugewiesen. Sofern der Grundbereich, Anrechnungen, Minderungen, Ermäßigungen und Freistellungen sowie der Ergänzungsbereich vollständig abgesichert werden können, weist die SBA in Abhängigkeit von den vorhandenen Ressourcen den Schulen zusätzlich einen Stundenpool in Verantwortung des Schulleiters zu. Lehrerwochenstunden aus dem Ergänzungsbereich und dem Stundenpool in Verantwortung des Schulleiters werden für Schüler als zusätzliche Bildungsangebote in den Schulen und für schulübergreifende Projekte verwendet, solange kein Bedarf zur Sicherung des Unterrichts im Grundbereich vorhanden ist.

 

Quelle: Pressemitteilung Landtagsfraktion, 18.04.2016